Liebe Heilige, lieber Heiliger in der christlichen Gemeinde!
Jetzt lesen Sie weiter, denn Sie fragen sich: Was hat sie jetzt, warum spricht sie uns so an? Ein Heiliger bin ich nun ganz und gar nicht sondern ganz normal! Ja, wir sind normale Menschen! Gute Menschen und zugleich solche, die immer wieder falsche Wege gehen und im Miteinander versagen. Im christlich-jüdischen Glaubenshorizont sind wir dennoch Heilige. Wir gehören zur „Gemeinschaft der Heiligen“. So sprechen wir es im ökumenischen Glaubensbekenntnis. Wir sind Menschen, die von Gott aufgefordert werden: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott (Lev. 19,1). Heilig ist Gott, weil er das Elend seines Volkes hört und es aus der Sklaverei befreit hat. Er zeigt darin seinen Schmerz und sein Mitleid, seine große Liebe. Dieser Schmerz Gottes gilt allen Menschen und so bittet er uns, ihm nachzufolgen. Alles also, was Gott fordert, hat er selbst erst einmal schon gegeben. Er fordert nichts, was er nicht schon geschenkt hätte. Die Gnade geht dem Auftrag voraus. Und der Auftrag ist klar nachzuvollziehen: Im dritten Buch Mose wird uns im sogenannten Heiligkeitsgesetz deutlich gesagt, was „heilig sein“ bedeutet: Nicht stehlen, nicht lügen, Felder nicht komplett abernten, den Nächsten lieben, wie sich selbst – und eben mit Fremden im eigenen Land so umgehen, dass sie nicht unterdrückt werden. Einen Vers weiter wird unser Monatsspruch ins Positive gewendet: „Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst!“ (Lev. 19,34).– Was für ein hoher Anspruch! Wie kann ich dem gerecht werden? Welche kleinen Zeichen der Freundlichkeit könnte ich setzen? Welche selbst erfahrene Güte kann ich aufgrund eigener Erfahrungen jetzt einem Fremden zugutekommen lassen? Während ich diese Zeilen schreibe, wünschte ich, Gottes Gebot könnte in Parteiprogrammen Einzug halten. Ich finde die zunehmend fremden-feindlichen Parolen auf bestimmten Wahlveranstaltungen vor der Bundestagswahl unerträglich. Wie gut, dass zugleich Demonstrationen für Demokratie und Humanität dagegengesetzt werden, gerade auch von Omas (und Opas) gegen Rechts. In welche politische Richtung geht unser Land im Rahmen der europäischen Vielfalt? Gottes Liebe und sein Bund befähigt uns zu guten Bündnissen! Darauf dürfen wir vertrauen. Lasst uns wachsam sein als Einzelne und als Gemeinde und so handeln, wie es sich für Heilige, von Gott geheiligte Menschen, gebührt.
Es grüßt herzlich Ihre Pastorin Bettina Rehbein