Herzlich Willkommen.

Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erdebild pastorin und Korn und Wein die Fülle.                                                                                                            (Gen. 27,28)

 Als Jugendliche habe ich sie gerne gesehen, liebe Leser*innen: Daily Soaps. Die Spannung hat mich nicht losgelassen und ich konnte es kaum erwarten, am nächsten Tag oder nach dem Wochenende zu erfahren, wie es weiterging mit meinen Held*innen. Und oft dachte ich: „Na das kann ja heiter werden!“ Bei den großen Familiengeschichten des Alten Testaments denke ich das mitunter heute noch. Sie haben etwas von einer Daily Soap an sich – vielleicht könnte man sie „Family Soap“ nennen. Schon bei Abraham lief nicht alles ideal, aber Isaak und Rebekka legen da noch eins „obendrauf“. Es gibt quasi nichts, was diese beiden Eltern mit ihren Söhnen richtig machen.

Im Grunde lassen sie zwei innerfamiliäre Parteien entstehen: Isaak bevorzugt Esau, den Erstgeborenen der beiden Zwillingsbrüder, während Rebekka Jakob besonders fördert. Natürlich geht das nicht gut…

Trotzdem: Die Geschichte zwischen Jakob und Esau fasziniert mich. Nicht zuletzt dadurch, dass sie im Hinblick auf menschliche Erfahrungen sämtliche Register zieht – mit großer Symbolkraft und auch mit einer gehörigen Portion Humor: wenn sich die beiden Zwillinge bereits im Mutterleib prügeln und es von Jakob heißt, er habe sich schon bei der Geburt an der Ferse seines Bruders festgehalten. Die Brüder zeigen eindrücklich: so kann es laufen zwischen Menschen.

Doch dies ist nicht der entscheidende Grund, warum diese Geschichte in der Bibel steht und bis heute erzählt wird. Wichtig ist, wie hier von Gott erzählt wird und davon, wie er mit uns Menschen umgeht. Es geht um den Segen Gottes. Wie sich Gott zu dem stellt, was wir Menschen tun, kommt daran zum Ausdruck, ob sie ihren Segen dazu gibt. Und nur wo sie das tut, kann menschliches Leben gelingen.

Aber in unserer Geschichte mit Jakob läuft es nicht so, wie es in Bezug auf Gottes Segen erwartbar wäre: Zum einen ist es gar nicht Gott, der hier unmittelbar den Segen spricht. Isaak ist es, der ihn im Grunde verwaltet. Damit aber gerät der Segen in Gefahr. Jakob kann sich den Segen erschleichen, weil Isaak manipulierbar ist. Doch damit nicht genug: Man sollte meinen, dass ein auf solche Art erschlichener Segen keine Gültigkeit haben kann. Aber nach dem Prinzip „Der Rechtsweg ist ausgeschlossen!“ wird ein einmal erteilter Segen nicht wieder zurückgenommen. Mir sträuben sich da erstmal die Nackenhaare: Sollte Gott sich die Verfügung über seine wichtigste Gabe, über seinen Segen, derart aus der Hand nehmen lassen? Sollte hier plötzlich der Betrug den Triumph davontragen? Was soll diese irritierende Geschichte mit Jakob und Esau, aus der unser Monatsspruch für Juni stammt?

Natürlich soll der Segen nicht in irgendeiner Form entwertet werden oder Betrug ohne Folge bleiben. Jakob bekommt das nämlich sofort zu spüren: Er muss vor Esau fliehen, raus in die Nacht, raus ins feindliche Leben,  ohne irgendeinen Menschen an seiner Seite.

Aber der segensreiche Horizont bleibt: Gott setzt ihren Willen durch, sogar da, wo wir Menschen eigentlich alles tun, was dagegenspricht. Und Gott kehrt die Verhältnisse um: Er macht das Kleine groß und weist das Große in seine Schranken. Vor Gottes Auge gerät niemand letzten Endes aus dem Blick. Auch der betrogene Esau nicht. So problematisch die unwiderrufliche Gültigkeit des Segens auch erscheint, so tröstlich empfinde ich es, dass ich mich genau darauf verlassen kann. Um den einmal erteilten Segen wird hier niemand, der ihn erhalten hat, jemals wieder betrogen. Gott ist eben kein Jakob. Gott betrügt nicht. Das steht so fest wie das Amen in der Kirche. Danke Gott!

 

Ihre Dagny Weyermanns