Seit einiger Zeit bin ich aus gesundheitlichen Gründen (mal wieder) nicht im Dienst. Ich habe lange und reiflich nachgedacht und mir ist mittlerweile klar geworden, dass ich den Anforderungen an die Gemeindepfarrstelle in Neermoorpolder und der Verantwortung meiner eigenen Gesundheit gegenüber nicht zu gleichen Teilen nachkommen kann. Darum habe ich beschlossen, die Kirchengemeinde Neermoorpolder zu verlassen. Ich möchte mir selbst und auch der Gemeinde keine „unendliche“ Hängepartie zumuten.
Die Stelle wird dann zum nächstmöglichen Termin freigegeben, so dass eine andere Pfarrperson für Neermoorpolder gewählt werden kann. Die Landeskirche wird mich zu gegebenem Zeitpunkt an eine andere Stelle versetzen.
Ich bin sehr dankbar für die Jahre, die ich in Neermoorpolder verbringen dufte und vor allem für die vielen, vielen bereichernden Begegnungen mit Menschen aller Art, von denen einfach ganz viel unter Gottes Segen stehen durfte.
Ich bitte die Gemeinde um ihr Verständnis für meine Entscheidung, die mir nicht leicht gefallen ist und bitte ebenfalls alle, sich offene Herzen zu bewahren für die Wege, die da kommen und anpackende Hände, wenn sie benötigt sind.
Herzlich, Ihr Matthias Lefers
Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen! (Mt 27,54)
Liebe Leserinnen und Leser,
die Szene, in der dieser Satz gesprochen wird, kann düsterer wohl kaum sein: Drei Kreuze sind aufgerichtet, Jesus in der Mitte. Leute laufen unter ihnen her, es verfinstert sich der Himmel. Im Augenblick, als Jesus stirbt, zerreißt im Tempel der Vorhang, das Allerheiligste wird sichtbar, die Erde bebt, Felsen und Gräber brechen auf. Diese Szene passt nicht in meine Frühlingsstimmung: Im Garten geht vieles auf, jeden Tag entdeckt man neue Blüten und Blätter, das Surren der Insekten ist längst wieder alltäglich geworden. Wie betrifft mich da der Vers aus dem Matthäusevangelium?
Ich schaue wieder auf die Szene, wie sie der Evangelist Matthäus malt und merke an seiner Beschreibung: Hier ereignet sich etwas, was die ganze Welt angeht, nicht nur den Menschen, der da hingerichtet wird, nicht nur die paar Leute, die abfällige Bemerkungen machen oder aus der Ferne zuschauen. Der Tod Jesu Christi ist das Unerhörte, das Unglaubliche. Er fordert unser Gottesbild heraus. Wer ist dieser Gott, der es sich gefallen lässt, dass sein Sohn wie ein Verbrecher behandelt wird?
Ausgerechnet der Hauptmann des Hinrichtungskommandos, der von dem man es am wenigsten hätte erwarten dürfen, erkennt das ganze Ausmaß: Er erkennt, dass Jesu Tod die ganze Welt betrifft. Und dann bekennt er sich zu Jesus, dem Gekreuzigten, als dem Sohn Gottes. Kurz und knapp ist sein Bekenntnis, reduziert auf das Wesentliche. Mehr braucht es nicht, aber Gottes Handeln fordert den Hauptmann eben zum Bekennen heraus. Davon lebt auch unser christlicher Glaube: Vom Bekenntnis. Das auch immer ein Wagnis ist – ein Wagnis vor den Menschen und vor Gott. Es ist ein Ringen um Worte, an dem jeweiligen Ort und in der jeweiligen Zeit, in der es gefragt ist.
Mit dem Hauptmann stehe ich heute unter dem Kreuz. Er, der Mann aus der Welt, ist mein Schlüssel zu den damaligen Geschehen. In ihm erkenne ich, dass auch ich gemeint bin. Dass mein Bekenntnis wichtig ist.
Unsere Bekenntnisse entstehen heute mehr oder weniger spontan in privaten Situationen oder in fest geprägten Zusammenhängen. So werden unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden im Mai zu ihrem christlichen Glauben „ja“ sagen. Spontan können unsere Bekenntnisse auch dann geschehen, indem wir das Ostergeschehen und mit ihm Jesu Hingabe annehmen, es auf uns wirken lassen und weitergeben in Wort und Tat. Unsere heutigen Bekenntnisse – wie auch immer sie aussehen – stehen in einer langen Tradition, aber sie sind nicht weniger wichtig als die großen Bekenntnisse der Vergangenheit.
Eines kann ich beim Bekennen meines Glaubens jedoch getrost im Kopf behalten: Ich muss Gott nicht durch mein Bekennen zum Sieg verhelfen. Da sorgt Gott schon selbst für. Das befreit dazu, im Blick auf Ostern mit neuem Mut meine Schritte zu tun, gestärkt von dem Gott, der mitgeht.
Ihre Dagny Weyermanns